Joahnna Fink Führen in Teilzeit

Wie geht Führen in Teilzeit?

Wie kann Führen in Teilzeit zum Win-Win für Arbeitgebende und Angestellte werden? 

Genau darüber spreche ich heute mit Johanna, die aus dieser Frage einen Beruf gemacht hat und Unternehmen dabei unterstützt, solch flexible Jobmodelle endlich zur Normalität werden zu lassen.

Egal ob durch Topsharing, als vollzeitnahe Teilzeit oder in einem anderen flexiblen Arbeitsmodell.

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3 Fakten über Johanna

1.      Ich bin Teilzeit-Gründerin mit viel Herzblut,

2.      Mutter von zwei Kindern, die langsam aus dem Gröbsten rauswachsen und

3.      Mit-Gestalterin einer diverseren und menschlicheren Arbeitswelt.

 

 

Johannas Weg

Nach meinem ersten Kind bin ich als Führungskraft in Teilzeit gestartet. Ich habe schnell gemerkt, dass ich anders führen muss als viele Kolleg:innen um mich herum. So habe ich beispielsweise Kontrolle durch klare Strukturen, Transparenz und Vertrauen ersetzt und sehr schnell positive Effekte auf Zufriedenheit, Motivation und Produktivität im Team bemerkt.

Das hat mich neugierig gemacht und war der Einstieg in das, was ich heute tue. Seitdem befasse ich mich intensiv mit New Leadership, Gender Diversity und New Work und bin überzeugt davon, dass Teilzeitführung ein wichtiges Arbeitsmodell der Zukunft ist.

 

Wer sind deine Kund:innen?

Wir begleiten Unternehmen dabei, Führung in Teilzeit zum Win-Win für Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen zu machen.

Meine Kund:innen sind mittlere und große Unternehmen – unabhängig von einer konkreten Branche. Gemeinsam haben sie, dass sie flexible Arbeitsmodelle für Führungskräfte bereits nutzen, aber Optimierungsbedarf in der Umsetzung erkennen.

Für das Unternehmen bedeuten gut integrierte Teilzeitmodelle auf allen Hierarchieebenen einen Wettbewerbsvorteil am Arbeitnehmermarkt und die Teilzeit-Führungskräfte selbst profitieren durch eine bessere Work-Life-Balance.

 

 

Welche Unternehmen bieten heute schon Führung in Teilzeit an?

Natürlich kennen wir die großen Vorreiter:innen wie SAP, aber in der Praxis ist das Modell bereits verbreitet. Etwa 15% aller Führungskräfte in Deutschland arbeiten in Teilzeit.

Problematisch ist, dass es sich überwiegend um Frauen handelt und die Modelle durch Verdienstverlust und Arbeitszeitverdichtung oft wenig attraktiv bzw. ein schlechter Deal für Mitarbeiter:innen sind.

Unser Ziel ist es, Führung in Teilzeit nachhaltig im Unternehmen zu implementieren und so die Arbeitgeberattraktivität zu verbessern. Der Wunsch nach einer geringeren Wochenarbeitszeit und einer besseren Work-Life-Balance ist heute bei Mitarbeitergruppen in den verschiedensten Lebensphasen vorhanden – Eltern, jüngere Mitarbeitende sowie pflegende Angehörige oder Mitarbeiter:innen vor dem Ruhestand.

 

 

Was sind Stolpersteine in Sachen Teilzeitführung und wie können sie vermieden werden?

Oft ist eine Führungsposition in Teilzeit mit der (berechtigten) Angst vor einem Karriereknick verbunden. Dagegen müssen Unternehmen aktiv vorgehen, indem sie Bewertungssysteme anpassen und Rollenvorbilder im Unternehmen sichtbar machen.

Vollzeitnahe Modelle ohne Anpassung des Arbeitsvolumens gehen oft mit einer starken Arbeitsverdichtung und damit einer höheren Belastung der Teilzeit-Führungskraft einher. Da die viele Teilzeitführungskräfte wie Eltern oder Pflegende bereits privat höheren Belastungen ausgesetzt sind, ist bei gleichzeitiger Arbeitsverdichtung die Gefahr psychischer Erkrankungen hoch.

Gleichzeitig fordern Teilzeitführungsmodelle traditionelle und auf Anwesenheit basierende Unternehmenskulturen stark heraus. Erfolgreiche Teilzeitführungskräfte sind oft weniger operativ tätig, als ihre Vollzeit-Kolleg:innen. Sie fokussieren stärker auf ihre Führungsaufgaben und empowern ihre Mitarbeitenden, indem sie operative Verantwortung delegieren. Diese Arbeitsweise steht im direkten Kontrast zu einem stark kontroll- und steuerungsorientierten Führungsverständnis, wie es in vielen Unternehmen immer noch vorzufinden ist.

 

Was sind die Voraussetzungen, damit das Modell funktionieren kann?

Das A und O ist für mich eine adäquate Anpassung des Aufgabenvolumens an die Arbeitszeit. Über welches Modell das passiert, muss zum Job und den Beteiligten passen. Ob als Kader- oder Vertreter:innenmodell oder im Jobsharing ist meines Erachtens eher Geschmackssache. Fakt ist allerdings, dass die meisten Teilzeitführungskräfte in vollzeitnahen Modellen arbeiten.

Vollzeitnahe Modelle ohne Aufgabenreduktion, bei denen die Stundenreduzierung allein durch Effizienzvorteile umgesetzt wird, sind meiner Erfahrung nach mit Vorsicht zu genießen. Ich empfehle meinen Kund:innen, hier wirklich ehrlich miteinander zu sein – ist die Arbeit wirklich in weniger Zeit zu schaffen oder nicht?

Zum anderen spielt die Einstellung des Top-Managements zum Thema eine wichtige Rolle. Wenn im Unternehmen klar ist, dass es sich hier um ein gewünschtes und akzeptiertes Arbeitsmodell handelt, wird vieles leichter und der mit Teilzeitführung verbundene Kulturwandel eher möglich.

Auch eine systemische Organisationsberatung in Kombination mit einem Review der Teilzeitfreundlichkeit und einer strukturellen Verortung des Themas im Unternehmen macht Sinn, um positive Rollenvorbilder im Unternehmen zu erzeugen.

 

Wie schaffen wir es, dass das Modell Akzeptanz findet?

Zum einen bringt viele Unternehmen der Fachkräftemangel dazu, sich für Teilzeitführung zu öffnen. Ich bin fest davon überzeugt, dass flexible Arbeitsmodelle auf allen Karrierestufen ein ganz wichtiger Employer Branding Faktor sind.

Zum anderen leben viele Teilzeit-Führungskräfte eine zeitgemäße Führungskultur vor, die auf Mitarbeiter Empowerment und Vertrauen beruht. Viele Unternehmen haben bereits erkannt, dass sie sich in diese Richtung entwickeln müssen – zum einen um ein attraktiver Arbeitgeber zu bleiben und zum anderen um den Herausforderungen unserer komplexen Welt zu begegnen. Teilzeitführung kann wie ein Booster auf die Unternehmenskultur wirken und diese notwendigen Veränderungen mit vorantreiben.

Aber für mich der wichtigste Faktor ist, dass wir Teilzeit(führung) aus der Mutti-Schublade befreien. Wir brauchen dringend diversere Rollenvorbilder, damit das Thema in der Mitte der Gesellschaft ankommt.

 

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