3 Fakten & Lukas Weg
- Lukas, verheiratet und Vater von drei Kids
- Ich arbeite nach meiner ersten und einzigen Bewerbung seit 15 Jahren bei meinem Arbeitgeber Beiersdorf in verschiedenen Positionen im In- und Ausland
- Ich habe nach eingehender Reflektion gefühlt und entschieden, dass ich nur das beste für meine Familie und meinen Arbeitgeber geben kann, wenn ich auch Zeit für mich habe und arbeite daher seit über 3 Jahren in Teilzeit
Was hat dich aus unserer Heimat nach Hamburg verschlagen?
Ja, ursprünglich komme ich aus Gaggenau, habe dann in Süddeutschland und Mexico studiert und bin über Kontakte aufmerksam geworden auf ein Praktikum im „hohen Norden“.
Nach dem Vorstellungsgespräch war klar, das passt und so habe ich dann tatsächlich auch bei Beiersdorf 2007 ein Praktikum gemacht.
Dort meine heutige Frau und Mutter meiner drei Kinder kennengelernt und dann nach dem Studium ein Trainee Programm bei Beiersdorf und NIVEA gestartet.
Was hat mich also nach hier oben verschlagen: die beiden Klassiker: Liebe und Arbeit.
Wie sieht Vereinbarkeit bei euch Zuhause aus?
Vereinbarkeit war zuerst mal kein Begriff mit dem ich vor unseren Kindern überhaupt vertraut war.
Meine Frau, damals noch meine Freundin war sehr maßgeblich daran beteiligt dass bei uns alles gleichberechtigt abläuft.
Als klar war, wir werden Eltern wurden
Rechnungen erstellt, welche finanziellen Einbußen Müttern entstehen, wie klar es ist dass wir uns die Elternzeit teilen und dass ich selbstverständlich die Eingewöhnung in der Kita komplett übernehme da sie zu diesem Zeitpunkt ja wieder 100% im Job ist.
Erstmal war ich damit überfordert, was das denn eigentlich für uns beide bedeutet, was aber nie außer Frage stand war, dass wir beide das BEDÜRFNIS haben sowohl eine Art Karriere zu machen, allerdings auch eine Familie zu gründen. Und damit war das Thema Vereinbarkeit auf dem Tisch.
Nach unserer ersten Tochter haben wir beide 100% gearbeitet. Katharina ging morgens sehr fürh aus dem Haus, ich habe meine Tochter fertig gemacht und in die Kita gebracht, sie hat sie abgeholt und wir haben uns alle dann am frühen Abend zu Hause getroffen und den Rest des Tages verbracht. Beide 100%. Beide Zeit mit Kind. Vereinbarkeit – kein Problem.
Komplex wurde es dann bei Kind 2, das sind nämlich 2 und 3 geworden. Schnell war klar dass das jetzige Modell nicht funktioniert und wir beide umshiften müssen.
Wenn man gut organisiert ist klappt das schon
Zu oft ist bei drei Kindern aber ziemlich Sand im Getriebe. Einer Wirtd krank, unterschiedliche Verabredungen,
So arbeiteten wir beide erst mal 25h die Woche. Ich bin ins Job sharing gewechselt, aber da kom ich später noch mal drauf zurück.
Ich glaube, Vereinbarkeit wird oft reduziert auf Zeit die man entweder bei der Arbeit oder zu Hause verbringt.
Was ist euer größter pain point in Sachen Vereinbarkeit?
Wir müssen uns mega organisieren da wir mitten in der Stadt wohnen, die Wartelisten für KiTas sind in Hamburg eigentlich so, dass man sich drauf schreiben lassen muss, wenn man ein Kind möchte und nicht wenn man es bekommt.
Wir haben auch keine Verwandten, Freunde, oder Großeltern in Hamburg, die uns Arbeit abnehmen können.
Also bleibt die CARE Arbeit bei uns beiden hängen.
Am Anfang haben wir beide ein großes Ungleichgewicht gefühlt. Der eine hat immer Mittagessen gekocht, der andere empfand sich benachteiligt weil er immer den Müll runter bringen sollte.
Tatsächlich ist der Begriff ja weiter gefasst.
- Was macht Familie und Beruf vereinbar,
- was entlastet also auf der einen Seite, damit das andere möglich wird?
Für uns waren das dann Folgendes:
Für Jona hatten wir bereits nach 3 Monaten eine sehr nette Abiturientin die sie einmal die Woche von der KiTa abgeholt hat und dann noch ein paar Stunden für sie da war.
Die Zwillinge wurden über einen gemeinnützigen Verein zu Anfangs erst mal mit einer Leihoma 1-2 mal die Woche in paar Stunden um den Block geschoben.
Vor einem Jahr, da warne die Kids nun 3 und 5, haben wir festgestellt, dass uns die Ecke in Hamburg zu wuselig wurde. Die Spielplätze waren abgespielt und der Gemeinschaftsgarten zu trist.
Wir sind ein Stück rausgezogen wo sich unsere Wege verkürzen. Heißt: Schule um die Ecke und Kindergarten um die Ecke.
Statt zu kaufen wohnen wir zur Miete. Wir zahlen mehr um direkten Zugang zum Garten zu haben und in einer Gegend zu wohnen in der wir unsere Kinder sicher wissen.
Jetzt fegt einer die Straße, ein anderer fährt mit dem Roller und der nächste spielt im Garten.
Vereinbarkeit heißt für mich also zu schauen was man gerade braucht. Was ist das Bedürfnis. Unser Bedürfnis war, uns mehr Freiraum zu schaffen, indem die Kinder mehr Freiräume haben.
So wohnen wir in einem kleine Dorf und kreieren das Dorf über Freunde in der nähe für unsere Kinder
Dafür kaufen wir uns kein Haus, dafür machen wir keine teuren Urlaube.
Dafür leisten uns aber eine ganz tolle Kindersitterin die unsere Kinder liebt und umgekehrt und wir freuen uns wenn die Großeltern ab und an auch zu Besuch kommen.
Jobsharing bei Nivea scheint kein Problem- erzähl mal
Ja, genau, grundsätzlich ist das erst mal für alle Mitarbeiter in der AG eine Möglichkeit -vorausgesetzt die Stelle lässt es zu und man findet einen Partner.
Als ich in das erste Jobsharing gegangen bin war ich einer der ersten Männer die nicht nur Teilzeit gearbeitet haben, sondern tatsächlich in Führungsverantwortung im Jobshare. Das war für alle eine Umstellung. Für meine Chefin, die mit dem Konzept nur widerwillig zurecht kam, und für uns als Tandem.
Das Interesse ist immens groß und Beiersdorf unterstützt wirklich das Modell, und wir sind stolz dass wir knapp über 40 sogenannte „Tandems“ bei Beiersdorf haben
Wie kam das nun zu meinem Tandem. Tatsächlich hat mich eine Mutter aus unserer Firmen-KiTa angerufen und meinte: Lukas, du bist doch ein Typ dafür. Sie hat mich also ermutigt. Wir beide sind dann kein Tandem geworden aber ich bin ihr dennoch dankbar.
Wichtig für ein Tandem ist dass man miteinander kann. Denn am Ende teilt man sich nicht nur den Arbeitsplatz oder ein Team, sondern springt füreinander ein, auch wenn man vielleicht selbst schon seine Stunden für die Woche durch hat. Man zieht an einem Strang, für das gleiche Ziel.
Wer als eine Person wahrgenommen werden möchte muss sich gut austauschen und da ist klar dass auch viele Persönliche Dinge geteilt werden. Das zu machen mit jemandem dem man sich nicht so anvertrauen möchte, kann schwerfallen.
Am Ende hat unser Matchmaker, so nennen wir unsere wahnsinnig talentierte Kollegin die alle Anträge auf Jobshare sammelt und dann genau schaut wer zu wem passen könnte, meine jetzige Jobshare partnerin und mich zusammengebracht. Witzigerweise haben wir bereits als Praktikanten in einer WG zusammengewohnt und sind beide nicht drauf gekommen, dass wir das ja zusammen machen könnten.
Sie war in der Zwischenzeit nochmal in Elternzeit, ich hatte dann eine andere Partnerin, die auch nochmals in Elternzeit ging und Katrin is now back again 😊
Narrativ: Jobshare muss man erst mal wollen, dann findet sich hier auch ein Weg und ein Partner. Manchmal dauert es allerdings.
Wichtig ist mir noch mal zu sagen
dass Jobsharing nicht nur was für Eltern ist. Es gibt verschiedenste Gründe, sei es Care Work in der Familie mit Eltern oder Geschwistern, ein anderer Job oder Hobby das man ausleben möchte etc.
Auch wichtig ist mir dass man sich Teilzeit auch leisten können muss und ich bin wahnsinnig priviligiert, dass ich das kann und der Trade off weniger Geld zu verdienen mit dem was ich nun machen kann, nämlich Zeit mit meinen Kindern verbringen, absolut im Einklang steht.
Was steckt hinter dad.icated?
Das geht ja schlag auf schlag hier und passt wunderbar.
Dad.icated ist das BDF Vaterschaftsnetzwerk das wir vor einem Jahr offiziell gegründet haben.
Eine Gruppe von Vätern hatte sich zusammengeschlossen und wir alle unterschiedliche Geschichten erzählt wie unsere Line Manager uns begegnet sind als wir sagten wir wollten Elternzeit machen. Unsere Vorreiterrolle wurde uns bewusst und die haben wir ernst genommen und Fakten geschaffen.
Wir sind da weil wir für Väter im Unternehmen ein Leuchtturm sein wollen.
Wir brauchen einen Mindset shift in den Köpfen von Führungskräften und wollen unsere Erfahrungen teilen.
Wollen sie ermutigen Elternzeit zu nehmen.
Sie dazu ermutigen mit ihren Partnerinnen frühzeitig über die Vereinebarkeit und Bedürfnisse zu sprechen
Und sie Ermutigen unterschiedliche Modelle in Betracht zu beziehen, bevor die Entscheidung getroffen wird, er arbeitet 100%, sie bleibt zu Hause.
Ihnen die Angst nehmen, dass eine Elternzeit, eine Teilzeit einen Karriereknick bedeutet. +
Offen in den Diskurs gehen und das Angebot wird angenommen.
Ein Beispiel: vor einer Woche hatte ich einen werdenden Vater am Telefon. Ich habe mit ihm Tips geteilt, ihn ermutigt Elternzeit zu nehmen obwohl er erst 6 Monate im Unternehmen ist. Er war zwischendurch mit Tränen erleichtert als ich seine Sorgen offen angesprochen habe. Es ist unglaublich was für eine Angst manche haben, dem Unternehmen nicht zu genügen. Jemanden zu enttäuschen. Keine Karriere machen zu können.
Klar ist auch bei dad.icated: wir sind keine Sozialbetreuung.
Wir wollen dass Führungskräfte offener werden und die Care Arbeit von Vätern ernster nehmen. So lange, ein Vater der zu Hause bleibt weil seine Tochter krank ist, zu hören bekommt: „Hast du keine Frau?“ so lange werden wir eine Unterhaltung führen müssen. Unser Arbeitgeber unterstützt uns darin explizit mit direktem Draht zu D&I.
Uns geht es um den triple win. Für die Familie, den Arbeitgeber und für den Vater selbst.
Die Familie hat mehr davon wenn klar geregelt ist wer was macht und ein Vater auch bei der Arbeit Vater sein kann
Glücklicherweise sind in Deutschland viele Männer bereit mehr Care Work zu Übernehmen.
Der Deutsche Väterreport (Ministerium für Familie, Senioren, Fraune und Jugend) zeigt zum beispiel auf, dass die Hälfte der Männer sich wünscht die hälfte der Betreuung der Kinder zu übernehmen, tatsächlich machen das aber nur 21%.
Der report zeigt auch: 86 Prozent der erwerbstätigen Väter sind in Vollzeit tätig und die Hauptlast von Kinderbetreuung und Haushalt tragen noch immer die Mütter, auch wenn diese in Vollzeit arbeiten.
Wir bei dad.icated vertreten die Meinung dass jeder sein eigenes Modell finden muss das zu seiner Lebenssituation passt.
Wir sind das Sprachrohr dass man sich als Vater sicher bei uns sein kann, dass man gehört wird wenn die Familie Vorrang hat.
Ich zum Beispile habe einen Kollegen aus Schweden, für ihn ist das ganz klar. Deutschland hat aufholbedarf.
Väter möchten präsenter im Leben ihrer Kinder sein. Und sie nehmen sich tatsächlich immer mehr Zeit für ihre Kinder: Noch 1993 waren es durchschnittlich 1,9 Stunden pro Tag, 2008 2,3 und 2019 3,0 Stunden an Wochentagen. Damit nehmen sie sich allerdings noch immer nur halb so viel Zeit wie Mütter (5,9 Stunden) (IfD Allensbach 2020).
Der Vorteil ist, je früher wir als Arbeitgeber mit werdenden Vätern in Kontakt treten, um so einfacher können die „Ausfallzeiten“ individuell geregelt werden.
Wenn Unternehmen gender equality feiern möchten und Frauen hier im Nachteil sind, dann sind es nun mal die Männer die ihren Frauen, hochqualifizierten Akademikern, ermöglichen müssen, und das meine ich wirklich nicht als generöse Geste, zurück in den Beruf zu gehen. Wenn die Ursache bleibt, das sdie Frau die Verpflichtung spürt zu Hause bleiben zu müssen weil es „der Mann eh nicht macht“ dann kommt man doch aus der Spirale nicht raus.
Am Ende bleibt vielleicht auch Zeit für einen Selbst und dem nachzugehen was man selbst machen möchte ohne ein schlechtes gewissen zu haben. Denn man weiß, alle sind versorgt, und ich kann das für mich machen weil ich das brauche. Für mich ist das persönliche Zeit Montag von 12-15 Uhr.
Was cool ist, mittlerweile kommen die ersten Männer von Mitarbeiterinnen dazu. So wird unsere Idee rund!
Über welche Themen sprecht ihr im Väternetzwerk am häufigsten?
Ehrlicherweise wie wir mehr reach bekommen können:
Rekrutierung, Themenkatalog und Führungskräfte anzapfen.
Planung für das nächste Jahr, Kongresse an denen wir teilnehmen, Vorträge die wir wollen.
Lebensphasen die wir abdecken möchten: denn es ist ja so: ein Baby hat andere Bedürfnisse als ein Teenager …
Wir sind eine super Truppe. Kennen uns alle seit über 10 Jahren (also vor Kindern).
Hast du ein Vorbild? Wem sollten wir folgen?
Im Unternehmen habe ich meine dad.icated crew also Vorbild. Das sind echt hervorragende Jungs.
Es gibt Internetstimmen die bekannt sind.
Roman Gaida der ein tolles Buch geschrieben hat: „working dad“ erschienen im Campus Verlag. Er hatte auch mal einen Podcast, da haben sie aber mittlerweile wohl alle Themen durch und den beendet.
Volker Baisch vom conpadres Netzwerk der helfen kann ein Firmeninternes Netzwerk aufzubauen.
Vereinbarkeit gibt es viele tolle Opinionleader: Fränzi Kühne, die sich den CDO bei Edding teilt.
Oder Job Share unsere Marketing Direktorinnen für Deutschland CAN: Catherine Niebuhr und Nadine Bartenschlager.
Aber auch Annahita Esmailzadeh, eine ganz tolle Speakerin zum Thema new work, Leadership und diversity&inclusion